Mittwoch, 17. Oktober 2007

2 Schaulust



Auf einem Jahrmarkt um das Jahr 1900 dominierten noch die verschiedensten Schaustellungen, Fahrgeschäfte waren im Gegensatz zu heute weniger häufig.
Im 19. Jahrhundert stieg das Wissen und somit das Interesse breiter Schichten um die Welt außerhalb des eigenen Erfahrungsbereichs. Die Schaubuden boten Möglichkeiten, vieles von dem, was die Menschen nur vom Hörensagen oder aus Illustrierten und Büchern kannten, mit eigenen Augen zu sehen. Hinzu kam eine naive Schaulust am Exotischen, am Außergewöhnlichen und Sensationellen. Nicht zu vernachlässigen ist schließlich die erotische Komponente. Viele Darbietungen boten für die damalige Zeit sehr weitgehende Einblicke, so zum Beispiel die beliebten tätowierten Damen.
Angesichts der Vielfalt der Schaubuden ist es nicht verwunderlich, dass die Ausrufer oder Rekommandeure oftmals die bestbezahlten Künstler der Schauen waren. Tatsächlich war es eine regelrechte Kunst, zunächst das Interesse der vorbeischlendernden Menschen zu wecken und sie dann dazu zu bewegen, ihre mühsam verdienten Groschen an der Kasse zu lassen.
Der eigentliche „Budenzauber“ fand daher oft während der Parade auf einem Podium vor der auffällig bemalten Fassade statt. Hier stellte der Rekommandeur die Sensationen und Weltwunder vor, während die Mitwirkenden Kostproben ihres Könnens zeigten: “Da brauch ma gar net neigeh, der macht heraus vor seiner Bude mehra Gaudi als wia drinna, schick di, daß ma ganz vorn hikemma...” (Karl Valentin)
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(c) Stefan Nagel 2007

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